Die Natur weiss nicht, dass Corona ist

Die positive Nachricht gleich vorweg: Es ist Frühling!

Nicht nur im Kalender - nein, er ist wahrhaftig da. Bunte Blumen spriessen aus der Erde, Vögel überbieten sich mit wundervollen Melodien und in der Luft liegt der unvergleichbare, frische Duft von Neuanfang. Und auch wenn die Zeit dafür nicht passend scheint, wir sollten uns daran erfreuen.

 

Frühlingsblumen vor blauem Himmel und Bergen
Die Natur tröstet uns über die Krise hinweg.

̕̕ ̕ Sieh auf die Natur: Sie ist

beständig in Aktion,

steht nie still, und doch  

schweigt sie.̕̕̕̕̕ ̕

Mahatma Gandhi

Keine einfache Zeit

In letzter Zeit ist es schwer geworden, sich auf Positives zu konzentrieren. Minütlich werden wir mit neuen Fakten und erschütterlichen Nachrichten über das Corona-Virus konfrontiert. In Zeitungen, TV-Sendern und auch in den Nachrichten unserer Freunde, scheint es nur noch ein Thema zu geben: Die tödliche Gefahr, sie lauert an jeder Hausecke auf uns.

 

Bitte versteh mich nicht falsch, ich glaube daran, dass wir einer neuen, nicht einfach zu kontrollierenden Macht gegenüberstehen. Auch ich gebe mein Bestes, um die Regeln und Empfehlungen einzuhalten. Homeoffice mache ich schon länger und halte mich vorwiegend zuhause auf. Ich wasche gründlich meine Hände, vermeide physische Kontakte so weit wie möglich und, und, und. Wie lange dieser Zustand anhalten wird, das kann keiner voraussehen. Aber stellen wir uns mal vor es bleibt so. Nicht das tödliche Virus! Sondern die Ruhe, die Gelassenheit. Wie würde unsere Welt dann aussehen?

 

Zur Achtsamkeit gezwungen

Auch wenn ich nicht glaube, dass dieser Zustand nach Ende der Virus-Krise anhalten wird, würde es mich freuen mehr Sein im Leben zu haben. Seit Jahren predigen wir achtsamer zu sein, mehr Ruhe und Gelassenheit ins Leben zu lassen. Allen ist klar, dass wir die Hast, in dem sich jeder im Alltag gegenüber sieht, auf Dauer nicht durchhalten können. Dennoch streben wir immer noch nach höher, weiter, schneller. Stress macht krank und wir müssen das Tempo drosseln. Wir müssen Inseln der Ruhe schaffen, uns wieder auf uns konzentrieren und zu uns selbst finden.

 

Nun haben wir es geschafft. Leider nicht freiwillig, es wurde uns von aussen bestimmt. Das ist nicht schön, ohne Frage. Jeder entscheidet gerne für sich selbst. Nun aber sind wir gezwungen achtsamer zu sein. Zu uns selbst und unseren Mitmenschen Sorge zu tragen, mitfühlend zu handeln. Wir sind gezwungen Ruhe einkehren zu lassen. Viele Büros sind geschlossen, Schulen und Kitas sowieso. Uns stehen keine Yogastudios oder Mindful-Besser Leben- Programme zu Verfügung. Keine Ausflugsziele, um aus unserem Alltag zu entfliehen und runter zu kommen. Es ist Fakt, wir sind wieder unter uns. In der Familie oder als Einzelperson müssen wir wieder für uns selbst Verantwortung übernehmen. Wir müssen wieder lernen uns und unser daheim zu geniessen. Wir werden wieder mit uns selbst beschäftigt sein.

 

In vielen Jahren, in denen uns Freizeit-Aktivitäten jederzeit zur Verfügung stehen, haben wir verlernt einfach nur zu Sein. Ohne die Bespassungsindustrie, die uns seit Jahren diese Verantwortung abnimmt. Aber können wir das noch? Zuhause auf dem Sofa ein gutes Buch lesen oder einen Brief schreiben. Nein, kein digitale Message, sondern einen richtigen, handgeschriebenen Brief. Ehrlich, wann hast du das zum letzten Mal gemacht? Oder, wann bist du das letzte Mal auf dem Balkon oder am offenen Fenster gestanden und hast einfach nur rausgesehen? Raus in die Natur, ohne Selfie, Hashtag oder Wertung. Mach das und dir fällt auf, dass der Winter vorbei ist und etwas Wundervolles vor sich geht. 

 

Die Natur kennt kein Corona

Das Schöne ist: Die Natur hat keine Ahnung von der Krise. Obwohl ich auch schon überlegt habe, ob sie uns den Virus als Warnung geschickt hat. Danke, dass es „nur“ der Virus ist und keine neue Eiszeit oder ein Meteor. Nichts desto trotz, macht die Natur weiter wie bisher. Das Jahr dreht sich weiter und ungeachtet der menschlichen Krise steht ein Neuanfang bevor: Es ist Frühling!

 

Schön an den Ausgangsbeschränkungen finde ich, dass ich mich wieder auf andere Themen konzentrieren kann. Wenn du mal die Virus-Geschichte ausser Acht lässt, kommen neue Perspektiven zum Vorschein. Zum Beispiel finde ich dieses Jahr den Frühling intensiver. Dadurch, dass ich nun viel Zeit auf dem Balkon verbringe (dieser war übrigens noch nie so sauber geputzt), fällt mir auf, dass die Vögel wieder fleissig mit der Partnersuche beschäftigt sind. Schon früh am Morgen beginnt ein wundervolles Konzert aus verschiedensten Pfeiftönen. Jeder will den anderen übertönen und mit seiner schönen Melodie eine potenzielle Partnerin anlocken.

 

Zwei Elstern haben sich schon gefunden und bauen fleissig ihr Nest in der Fichte, gleich neben unserem Haus. Ich könnte ihnen stundenlang zusehen. Geschäftig sind auch die Spatzen und Meisen, die jetzt leider einsehen müssen, dass sie von uns kein Futter mehr erwarten können. Es ist warm genug für andere Nahrungsquellen, zudem ist der Balkon nun wieder mein Reich geworden. Mein Refugium, in dem nun auch schon die ersten Blumen spriessen. Tatsächlich haben einige Pflanzen und scheinbar auch Samen den letzten Winter überlebt. Nun ja, dieses Mal war er nicht sehr frostig, aber trotzdem ist der Überlebensdrang dieser kleinen Dinger bemerkenswert. Ich freue mich, denn mit den neuen Blüten, werden auch schon die ersten Insekten angezogen. Wiederholend steuert eine kleine Wildbiene die blauen Perlen-Hyazinthen an und bedient sich geschäftig am Nektar. Aber auch die Löwenmäulchen und Kornblumen erfreuen sich regelmässiger Besucher. Noch kann ich nicht alles Grün, das seinen Kopf aus der Erde steckt bestimmen, aber es wird sicher etwas Tolles. Und bis es soweit ist, warte ich darauf - ich habe ja Zeit.

 

Mit allen Sinnen entdecken

Zeit, die ich nun auch für regelmässige Spaziergänge (natürlich allein und mit nötigem Abstand) im nicht weit entfernten Wald verbringen kann. Auf dem Weg dorthin entdecke ich einen mit rosa Blüten bedeckten Baum, in dem es summt und brummt. Ich stelle mit darunter und entdecke geschäftige Hummeln, deren dicke Hintern aus den Blüten lugen. Von unten sieht der Baum noch gewaltiger aus und der Kontrast mit dem blauen Himmel ist beeindruckend. Ich habe heute keine anderen Termine, somit kann ich einige Zeit unter dem Baum stehen bleiben und die Aussicht geniessen. Ich sehe auf den Pilatus und plötzlich fällt mir auf, dass mich der Ausblick an den Mount Cook in Neuseeland erinnert. Das muss ich morgen meiner Schwester zeigen, die mit mir noch vor kurzem die beiden Inseln im Camper bereist hat. Spannend, was einem alles auffällt, wenn man die Zeit dafür hat.

 

Als ich später am See entlang schlendere, bemerke ich wie klar das Wasser ist. Ich denke gleich an ein Korallenriff und an meine letzten Tauchferien. Herrlich, das war echt schön! Aber die Aussicht hier ist nicht minder verblüffend. Verschiedenartige Enten schwimmen im Wasser und ich kann ihre Füsse genau paddeln sehen. Witzig, das ist mir bisher noch gar nicht so aufgefallen. Etwas weiter draussen im Wasser, nicken sich zwei Haubentaucher unentwegt zu – ein Pärchen beim Balzen. Wie lange die das wohl durchhalten, bis ihnen schwindlig wird? Oder ist das genau der Sinn?

 

Ich finde es nicht raus, denn es ist niemand da, den ich fragen kann und mein Handy habe ich zuhause gelassen. Ich wollte, diesen Spaziergang wirklich mit meinen Sinnen geniessen. Und vielleicht ist es auch egal, wenn mal Fragen offen bleiben. Ich weiss übrigens auch nicht, um was für eine Art Baum es sich vorher gehandelt hat. Ich habe Früchte gesehen, die wohl im letzten Jahr nicht eingesammelt wurden - die haben an Mandeln erinnert. Aber haben wir Mandelbäume in unseren Breitengraden? Egal, der Baum war auf alle Fälle wunderhübsch.

 

Beim Rückweg sehe ich auf die Berge, die noch mit letzten weissen Flecken bedeckt sind. Auch die werden bald erkennen, dass der Frühling den Winter verdrängt hat. Und obwohl ich den Kontrast zwischen den weissen Bergen im Hintergrund und den blühenden Magnolienbäumen davor bestaunenswert finde, freue ich mich, dass es wärmer geworden ist. Ich mag den Frühling. Er strahlt etwas sehr Vielversprechendes aus, einen Neuanfang. Und diese positive Energie benötigen wir – gerade jetzt.

 

Der Frühling ist da! Erfreu dich daran, bleib positiv und gesund!


(c) Beitragsbild │ Sonja Schöberl

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