Wie sozial sind wir noch?


Eine Haltestelle voller Menschen – hier stehe ich und warte auf den Bus. Es ist mucksmäuschenstill, niemand redet oder sieht sich an. Fast ausnahmslos starren alle in das eckige Kästchen vor sich. Sie lächeln oder wirken angestrengt oder scrollen sich regungslos durch die Informationen des Tages. Informationen, ohne die man anscheinend nicht leben kann. Seit nunmehr 10 Jahren gibt es die grandiose Erfindung "Smart Phone" und seit diesen vergleichsweise wenigen Jahren hat es sich durchgesetzt in den sozialen Medien zu kommunizieren. Man schreibt sich, stellt Bilder vom letzten Mittagessen online und setzt likes unter Beiträgen von "Freunden". Freunde – kann man bei über 100 Followern noch von Freunden sprechen? Ich weiss nicht, aber was ist daran sozial?

 

Immer wieder neu wird Facebook, Instagram und Co. gestartet, nur um sicher zu sein, dass man nichts verpasst. Likes sind die neue Währung und werden mit Beliebtheit gleichgesetzt. Wie sozial sind wir noch, wenn sich unser Leben nur noch digital abspielt? Wir sind vernetzt, schnell und immer erreichbar. Aber ist es das, was wir unter Freundschaft verstehen? Jeder kann sich jederzeit um entscheiden, ein Treffen in letzter Sekunde absagen, weil man keine Lust hat oder etwas Besseres vorhat. Verbindlichkeit als Wertschätzung, aus meiner Sicht geht hier etwas verloren. Wertschätzung, diese erwarte ich auch wenn ich mit jemand am Tisch sitze. Ich bin für ungeteilte Aufmerksamkeit und verstehe nicht warum mein Gegenüber sein Handy auf dem Tisch liegen hat und noch schlimmer, zwischendurch ach so wichtige Informationen im Internet checken muss. Hat man wirklich so Angst etwas zu verpassen oder bin ich so langweilig?

 

Ich gebe zu, auch ich profitiere sehr oft von der digitalen Errungenschaft - ein Zugticket kaufen, schnell die Flugverbindung checken oder die neuesten News lesen. Aber deshalb auf ein gutes analoges Gespräch mit meinen Freunden verzichten? Niemals!

 

@2018 Sonja Schöberl