Jetzt reicht‘s! Ganz ehrlich, ich habe keinen Bock mehr. Irgendwann ist Schluss mit unlustig und das ist heute, jetzt. Seit einer Woche kämpfe ich mit einer Erkältung. Mehr schlecht als recht, denn los bin ich sie immer noch nicht.
Eigentlich ist es ja ganz schön, ein paar Tage seine Ruhe zu haben. Auf dem Sofa rumhängen und endlich mal alle Magazine durchlesen,
die man sich „für später“ aufgehoben hat. Sinnlos Fernsehserien gucken oder in die Luft zu starren. Essen was man will, ohne auf die
Menge oder Kalorienzahl zu achten (man muss ja wieder zu Kräften kommen), und sich von seinem Umfeld bedüdeln lassen. Aber so richtig
etwas machen kann man ja auch nicht. Fotos sortieren von den letzten Ferien, unmöglich, da der Kopf hämmert. Wellnesstag, unmöglich,
da es unaufhörlich aus der Nase tropft. Kino, Party, Freunde treffen, nix, es geht einfach nicht, weil man wie ein unförmiger Sack
aus dem Sofa nicht raus kommt.
Und deshalb: ich mag nicht mehr, ich mag nicht mehr niesen, husten, schnupfen, mich fortbewegen wie ein 80jähriges Omi – und was auch immer dazu gehört, ich mag es nicht mehr! Und vor allem will ich nicht mehr bemitleidenswert sein. Ok, ich hab mich grösstenteils selbst bemitleidet, aber damit ist jetzt Schluss. Heute Morgen, nachdem ich aufgewacht bin, wie die letzten Tage – mit geschwollenen Augen und verstopfter Nase – und ich wieder mal fast eine Stunde gebraucht habe, bis ich endlich in der Küche war, mich einigermassen wach fühlte und mir meine Kanne Erkältungstee kochen konnte, habe ich den Entschluss gefasst: Jetzt reicht’s! Ab heute bin ich wieder gesund.
So, womit fange ich an? Ich fühle mich krank, weil ich krank aussehe, es in der Wohnung krank riecht - vorwiegend ich selbst - und ich mir einrede, dass ich krank bin. Alles klar, 180 Grad Wende.
Phase 1: ich habe alles in der Wohnung gelüftet, um den Geruch von thailändischem Massagestudio wieder auf neutral zu bringen, ein paar Duftkerzen angezündet und das Bett neu bezogen.
Phase 2: ich habe mich selbst wieder auf Vorderfrau gebraucht. Klamotten in die Wäsche und ich unter die Dusche, aber gründlich. Die Krankheits-Aura muss weg, abgespült, in den Gully – tschüss und adiö. Und tatsächlich, ich fühle mich besser.
Die Kanne Tee trinke ich in nahezu einem Zug. Naja, ohje… die anderthalb Liter wollen sicher wieder raus. Aber gut, darum kümmern wir uns später. Ich steige um, auf Kaffee und Orangensaft, was bin ich doch für ein harter Siech. Ich bin nicht wirklich geheilt, das wäre zu viel Selbstheilungs-Blabla, aber es fühlt sich tatsächlich besser an. Und was habe ich daraus gelernt? Man kann nicht abwehren
was unausweichlich ist, und das sind Erkältungen nun mal, aber man kann seine Einstellung dazu ändern. Will ich so aussehen wie ich mich fühle? Um Gottes Willen, nein! Will ich, dass meine schlechte Stimmung sich, durch Selbstmitleid verdoppelt, sicherlich nicht! Think positive und damit fange ich heute wieder an.
So, was mache ich nun mit meiner neuen Freiheit? Ich bin wieder fit und kann alles machen. Ein bisschen Sport, Essen gehen, Freunde treffen? Hmm.. Draussen ist es kühl, ein grauer Novembertag. Nicht sehr einladend. Regnet es? Ohja, es scheint so. Ich glaube ich mache heute mal einen Sofa-Tag.
@2018 Sonja Schöberl