Gute Vorsätze


Auch ohne Blick in den Kalender weiss ich sofort in welchem Monat ich mich sich gerade befinde. Es ist Januar, kurz nach Neujahr und nach den Weihnachtsfeiertagen. Pünktlich mit den letzten Schlemmertagen dominieren wieder bunte Laufschuhe und blitzende Nordic Walking Stöcke auf den Strassen. Schwitzende Gesichter auf Hometrainern hinter den Glasscheiben der Fitnessstudios komplettieren das Bild. Das Fett muss weg! Unverdrossen starten viele von uns mit guten Vorsätzen ins neue Jahr. Begleitet von vielen gut gemeinten Ratschlägen wie ich mein ambitioniertes Ziel durchhalte und mit neuartigen Ideen für „Speck-weg“-Programme. In den Hochglanz-Magazinen wird eine gesunde und schlanke Zukunft versprochen. Super easy, mit nur wenig Anstrengung und natürlich alles zu Kosten, welche ideal zum Januarloch passen. Wohlwissend, dass es mit der Umsetzung zügig zu hapern beginnt und zwei Drittel ihre Vorsätze nicht mal bis Ende Januar durchhalten.

 

Die Umsetzung des meist genannten Vorsatzes fürs neue Jahr, neben Aufhören Rauchen, hat begonnen: mehr Sport und Abnehmen. Jedes Jahr dasselbe Bild - ein Auflauf an willigen Menschen schwitzt sich auf den Strassen und in den Mukibuden durch ein mehr oder weniger freiwilliges Sportprogramm. "Ich muss fitter werden" steht jedem von ihnen ins gequält motivierte Gesicht geschrieben. Man sieht hier sofort wer regelmässig Sport treibt und wer den Vorsatz erst nach den mastigen Feiertagen gefasst hat. Ich bin mir nicht sicher, ob das für alle ein guter Vorsatz war, denn viele sehen jetzt schon resigniert aus. Das sind vermutlich auch diejenigen, die ihr Vorhaben nach wenigen Wochen oder vielleicht sogar Tagen wieder ad acta legen. Wo ein Wille ist, findet sich doch kein Weg. Der Schlendrian hat wieder die Oberhand gewonnen. Zu verlockend sind auch im neuen Jahr die vielen Köstlichkeiten in Form von Schokolade, Braten und Häppchen in den buntesten Variationen. Aber sie werden es im nächsten Jahr wieder versuchen, nach der fetten Weihnachtsgans und unzähligen Besuchen bei

Verwandten und Freunden. Vielleicht mit mehr Erfolg?

 

Irgendwann naht der Frühling, man sieht immer noch sportbegeisterte Menschen auf der Strasse, der Verkehr hinter den Rennrädern stockt und in den Gymnastiksälen schwitzen, jene die bis jetzt durchgehalten haben, immer noch, aber es sind deren deutlich weniger geworden. Viele haben aufgegeben, weil sich die Wunschgrösse oder die Wunschfitness nicht im erhofften Zeitrahmen eingestellt hat. Die schnelle Fitness-Wunder-Diät ist gescheitert. Sie geben auf, sicher noch frustrierter als zu dem Zeitpunkt an dem sie den Entschluss gefasst haben fitter zu werden und abzunehmen. Der innere Schweinehund hat sich durchgesetzt und gegen die übermässigen Verlockungen des Lebens gewonnen.

 

Ein weiterer Teil der neo-sportwilligen Gemeinschaft wird spätestens Anfang der Bikinisaison wegbrechen. Sie sind zufrieden, dass sie in ihren Badekleidern eine gute Figur machen. Ein Selfie mit eingezogenem Bauch, um auch die Follower davon zu überzeugen und dann besteht das Sportprogramm nur noch aus Posen im Schwimmbad. An diesem Zeitpunkt verdienen nur noch die Fitnessparks. Aus Übereifer gekaufte Jahres-Abos schmelzen dahin, ohne die Abnutzung der Geräte. Ein hervorragendes Geschäftsmodell für eine riesige Industrie, die davon lebt, dass Menschen Jahr für Jahr dasselbe wollen – und es nicht schaffen.

 

Aber warum das alles? Warum steht Anfang Jahr der Wunsch nach Veränderung so weit oben? Klar, der Mensch hat Ideale – schmerzlich wird mit jedem neuen Jahr bewusst, dass man sich verändert. Der Bauch wird grösser, das Gesicht runder, die Schwerkraft lässt sich nicht aufhalten. Jedoch wer Sport als extreme Quälerei ansieht, dem wird auch ein neues Jahr nicht helfen sich aufraffen zu können um regelmässig einer Tätigkeit nachzugehen. Wie bei allem braucht es auch hier Herzblut, man muss es wirklich wollen oder einen Leidensdruck haben. Sonst ist das Scheitern schon vorprogrammiert. Veränderungen müssen positiv besetzt sein. Und ehrlich, schlussendlich sind es ja nicht die Feiertage, die schuld daran sind, dass ein paar Kilo mehr auf der Waage angezeigt werden. Zugenommen wird zwischen Neujahr und Weihnachten und nicht andersrum. In diesem Sinne – startet gesund und genussvoll ins neue Jahr!

 

@2019 Sonja Schöberl